Der Fotograf sagt gerne, dass eine Fotografie ein Dokument der Geschichte ist und sie das Hier und Jetzt zeigt.
Für Martina geht die Geschichte aber weiter, viel weiter.
Auf die Geschichte wurde sie durch die Erzählungen der Gänse-Weiber bei der Großmutter gebracht. Die Faszination der Erzählungen der alten Kriegswitwen beim Gänserupfen vor Weihnachten ließ sie einfach nicht mehr los. Ihr ganzes Leben lang beschäftigt sie sich nun schon mit Erinnerungen einzelner Leben und der kollektiven Erinnerung ihrer Heimatumgebung, sei es im Geschichtsstudium, als Gymnasiallehrerin, als abgeordnete Dozentin der Geschichtsdidaktik an der FAU oder als ehrenamtliche Kreisarchivpflegerin im Landkreis ERH. Folgerichtig war auch ihre Doktorarbeit über die Mühlen an der Schwabach ein Tribut an ihre bäuerliche Herkunft und an ihre regionale Verwurzelung.
In den letzten eineinhalb Jahrzehnten hat sie vor allem die jüdische Geschichte in Forth und Franken in den Bann gezogen und mehrere Veröffentlichungen initiiert. Die Protestantin stellt sich hier der verdrängten oder in Vergessenheit geratenen Rassenpolitik der Nationalsozialisten entgegen und versucht über Archivarbeit und Zeitzeugengespräche Klarheiten in das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte zu bringen. Als Lehrerin will sie Erkenntnisse über jüdische Institutionen wie Synagoge, Mikwe (Tauchbad), Schulwesen bzw. Familienschicksale Forther Juden auch abwechslungsreich an die nächsten Generationen weitergeben und gestaltete kurzerhand Bücher, Peerguiding von Gleichaltrigen für Gleichaltrige oder jüngst auch eine virtuelle Schnitzeljagd durch Forths jüdische Vergangenheit. Alles Wege, um ein Vergessen zu verhindern und die Menschen zu ermutigen sich selbstkritisch über das Gewesene zu informieren und neuerlichem rechtem Geblubber, Einflüssen der Ewiggestrigen und Schlussstrichstrategen im rechten Spektrum selbstbewusst entgegenzutreten.
Diese Erinnerungsarbeit ist ein fester Bestandteil ihres Lebens und ihr Anteil an der großen „Wiedergutmachung“ oder „Vergangenheitsbewältigung“ – auch wenn sie beiden Wörtern skeptisch gegenübersteht.
Neben all diesem Waten durch braunen Sumpf bleibt sie eine fröhliche Frau, mit sehr feinem Witz, die sich in der Mitte ihrer Familie als Zentrum ihres Lebens am wohlsten fühlt.
Hier geht es zur virtuellen Schnitzeljagt der jüdischen Geschichte in Forth
https://actionbound.com/bound/juedischegeschichteforth