Burgruine mit Startrail

oder was wurde aus „hätte“, „wäre“, „sollte“, „müsste?

Wieder einmal wollte ich meinen Gedanken in ein Bild umsetzen. Wieder einmal musste ich meinen inneren Schweinehund überlisten. Die Geschichte habe ich euch ja bereits hier erzählt. Ich hatte mal wieder ein Zielfoto vor Augen.

Die Burgruine Neideck in Streitberg bei Vollmond mit einem Startrail im Hintergrund.

Die Sternenfotografie bei Vollmond ist nicht ganz so faszinierend wie bei Neumond, aber für mein Bild gerade recht. An einem Sonntag Nachmittag, bei bestem Sommerwetter, fuhr ich zusammen mit meiner Frau schon mal dort hin um eine Position für mein Foto zu finden. Der Aufstieg ist für einen einigermaßen fitten Fußgänger in einer halben Stunde zu machen. Der Startpunkt ist der Parkplatz des Streiberger Schwimmbades. Hier gibt es auch einen schönen Biergarten, der nach der Bergtour wieder zu einer Stärkung verhelfen kann.
Der Weg durch den Wald ist zum Teil recht steil. Es gibt aber auch einen etwas längeren, kinderwagengerechten, Weg nach oben. Also oben angekommen kann man einen wunderbaren Blick in das Wiesental werfen.

Hier fährt noch eine historische Bahnlinie von Ebermannstadt nach Behringersmühle.
Meine Vorstellung des Bildes war, dass ich einen Großteil der Burg mit der markanten Eiche, die im Burghof steht, und einen Startrail im Hintergrund habe. Also suchte ich nach einem Platz an dem ich meine Kamera aufstellen konnte. Das Problem, wenn man 7mm an einer MFT hat und die Kamera nach oben neigen muss, wollte ich mir zunutze machen. Es gibt hier relativ schnell stürzende Linien und der Startrail wird zu einer Ellipse gestreckt. Das gibt aber andererseits eine schöne Dramatik wieder, die bestimmt ihren eigenen Charm hat. Wir werden sehen.
Also gesucht und gefunden.

Alle Fotos von diesem Tag will ich Euch hier nicht zeigen, da sehr viel Betrieb an diesem Nachmittag auf der Burgruine war und ich nicht die ganzen Gesichter verpixeln wollte. 😉
Hier der Standort meiner Kamera.

Jetzt brauchte ich natürlich auch noch die richtige Nacht dafür. Vollmond, oder fast voll und keine, bis fast keine Wolken am Himmel.
Nachdem die Woche vom 19.Juli sich anschickte eine solche Nacht herzugeben, wollte ich hier aufmerksam sein und dies in Angriff nehmen. Die nächste Fragestellung war hier bereits wieder präsent.
Nachdem die C-Fallzahlen ziemlich niedrig sind, am Tage sich dort viele Besucher aufhalten, wie ist es am Wochenende in der Nacht? Kommen dort ähnlich viele Menschen wie zum Beispiel am Walberla? Auch wenn es nur ein paar wenige sind, haben diese bestimmt Lampen mit, die mein Bild zerstören könnten. Also evtl. doch an einem Wochentag?
Ich muss aber früh raus zum Arbeiten. Nachdem es im Büro aktuell ruhig läuft, die Überstunden sich bereits dreistellig angesammelt haben und mein Kollege keine Einwände hatte, Danke dafür, hatte ich also ein Gewissens Backup. 
So ging ich am Donnerstag los mein Zielfoto zu machen. Ich fuhr so gegen 22:30 Uhr los und kam etwa um 23:15 Uhr in Streitberg an. Packte meine Sachen, die Stirnlampe an und los geht’s. Der Spannung in der Nacht durch einen Wald zu gehen kann sich wohl keiner entziehen.
Werde ich Tiere hören, sehen?
Es ist schon ein sehr eigenes Gefühl die ersten paar Minuten den Berg hinauf in der Dunkelheit. Ziemlich schnell legte sich das aber und ich spürte eine tiefe Ruhe in mir, die ich sehr genoß. Na ja, Tiere habe ich weder gesehen, noch gehört. Alleine meine Schritte sind für die Waldbewohner wohl so Laut, dass diese sich nicht zu erkennen geben. 🦌
Nach ca. 25 Minuten Weg kam ich oben an. 
Ich wollte mich fotografisch gesehen, an mein Bild herantasten. 
Hier also das erste um überhaupt festzustellen, wie finster es ist, wenn sich die Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt haben, weil ja die Stirnlampe die ganze Zeit am Kopf leuchtet. 🔦👀

Burgruine Neideck in Streitberg
Burgruine Neideck mit Stirnlampen Beleuchtung

Ich versuchte also die Burg ein wenig zu zeigen, wie sie einen Besucher begrüsst, der mitten in der Nacht hier hoch kommt.


Ich positionierte meine Kamera an der bereits gefundenen Stelle und versuchte den Ausschnitt in der Finsternis zu finden. Auch das Scharfstellen ist mit meiner Oly nicht so einfach. Aber hier bin ich einigermaßen geübt und das klappt.

Burgruine Neideck in Streitberg
Probefoto mit den Einstellungen für den Startrail


Frei nach BJ: Sag mal Einstellung Digger:
Brennweite 7mm an MFT, ISO: 1600, Blende 2.8, Zeit 30 Sekunden.
Die erste Belichtung gemacht um die Helligkeit zu prüfen – passt, ✅ Ausschnitt – passt ✅
Stativ steht fest – check ✅
Also Einstellung Life Composite eingestellt und Los geht’s. Aus Erfahrung weiß ich, dass so eine Stunde Belichtung eine schöne Drehung der Sterne zeigt. So wollte ich es wieder haben.
Also Los.
So jetzt ist erst einmal eine Stunde Zeit um über seinen Gedanken zu hängen.
Da war ja auch wieder der innere Schweinehund, der zu bezwingen war. Wie sah das letzte Jahr den aus, als ich die Gedanken am Walberla niederschrieb? Nachdem es ja kein „normales“ Jahr war kann ich hier auch keine vollständige Aussage machen.
Auch ärgere ich mich immer noch, dass ich Dinge nicht einfach gemacht habe. Immer noch gibt es die Situationen, bei denen man hinterher sagt, warum hast Du das nicht getan? Wieso muss ich mir ein „hätte ich mal“ eingestehen?
Aber es gibt auch die Situationen wo ein „sollte“ durch ein „Habe“ ersetzt wurden, ein „müsste“ durch ein „gemacht“.
Natürlich muss man sich auch seiner eigenen Rückschläge bewußt werden und an sich Arbeiten. Wir sind halt mal Menschen, die mit unseren eigenen Einstellungen und Vorstellungen unser Leben leben.
Dies können wir sehr gut und sind auch in vielen Situationen, zum Glück, keinem Wettbewerb unterworfen. So kann ich hier Euch nur mitgeben, dass Ihr Eure eigenen „sollte, hätte, müsste“ definiert und diese ersetzt mit den Erlebnissen, die Euch freuen und eine Geschichte in Euer Leben schreibt.


Immer wieder einmal kontrollierte ich die Kamera um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Wieder ein Vorteil einer Spiegellosen Systemkamera.
You see what you get. 😜
In der Stunde habe ich auch einfach die Ruhe genossen, die mich umgab. Den Mond, der fast voll war und nahezu perfekt für mein Foto stand.

Burgruine Neideck in Streitberg

Es waren auch wenige Flugzeuge am Himmel unterwegs, die mir die Nacharbeit an meinem Bild erleichtern. Nach einer guten Stunde stopte ich die Kamera. Am Display bekam ich eine Vorahnung meines Bildes. 👍👍👍
Es geht mir gar nicht um Technische Perfektion. Ich möchte ein Gefühl transportieren.
Also seht selbst: Ta Taa:

Burgruine Neideck in Streitberg

Je länger und öfter ich das Bild ansehe, gefallen mir die stürzenden Linien und das Oval des Startrails immer besser.

Gerne könnt Ihr mir in den Kommentaren Eure Gedanken mitteilen. Kennt Ihr dieses Gefühl? Hattet Ihr auch bereits solche Geschichten und Erlebnisse? Ich hoffe, das Euch diese Geschichte gefällt und wenn Ihr Euren eigenen Schweinehund begegnet, diesen doch einmal mehr austricksen könnt. 😜

Hier noch ein Paar Infos zur Burg:
Die Burgruine Neideck ist eine ehemalige hochmittelalterliche Adelsburg über dem Dorf Streitberg, einem Gemeindeteil von Wiesenttal im oberfränkischen Landkreis Forchheim in Bayern.

Weitere Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burgruine_Neideck
https://www.fraenkische-schweiz.com/de/detail/remoteid=557ed6ef975aa63ec762bac0
https://www.fraenkische-schweiz.com/de/erleben/sehenswert/dampfbahn/
App Mondverlauf für Android

2 thoughts on “Burgruine mit Startrail

  1. Jürgen says:

    Hi Stefan,
    klasse Aktion wieder mal – klasse Geschichte – klasse Bilder.
    Und Dein „Gefühl-Transporter“ funktioniert prima!
    Zumindest bei mir „klingelt“ es 🙂
    Liebe Grüße
    Jürgen

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